Die BMW Group betreibt am Standort Shenyang (VR China) mehrere Werke zur Entwicklung und Produktion wegweisender Fahrzeuge. Um eigene Simulationen während der Entwicklung neuer Fahrzeugderivate durchzuführen, benötigen Ingenieur:innen am Standort China umfangreiche Fahrzeugsimulationsdaten. Diese Daten werden in Deutschland vorgehalten und gepflegt.
Ziel des Projektes ist es, eine Fahrzeugsimulations-Plattform an einem neuen internationalen Standort aufzubauen, um anschließend einen Datentransport für die Simulationsdaten aus Deutschland in die zukünftigen Zielsysteme zu ermöglichen. Eine zusätzliche Anforderung ist die Erfüllung der hohen Sicherheitsrichtlinien, da es sich um Informationen mit einem hohen Schutzbedarf handelt.
Um Simulationsdaten zielgerichtet und nachvollziehbar aus Deutschland ins Ausland übertragen zu können, soll ein neuer Datentransport- Mechanismus entstehen. Dabei werden auf Basis von bei der BMW Group bereits etablierten Systemen wie Open Text ALM Octane (ehemals: Micro Focus) und Planview Hub (ehemals: Tasktop Integration Hub) Daten aus einer Vielzahl vorhandener Systeme übertragen. Die proficom GmbH übernimmt schwerpunktmäßig die Entwicklung einer Datenmanagementplattform inklusive des Datentransfers mit einem frühen Augenmerk auf kontinuierliche Qualitätssicherung und Skalierbarkeit.
Bei der proficom GmbH wurde der Ausbau interner Prozesse und Rahmenbedingungen für die Informationssicherheit vor Beginn des Projekts bereits mit hoher Priorität behandelt. Durch die strengen Anforderungen der von der BMW Group geforderten TISAX-Zertifizierung wurde der Umfang der Bemühungen weiter erhöht. Dank der IT-Sicherheitsexpert:innen und Organisator:innen konnte die Zertifizierung innerhalb von wenigen Monaten erreicht werden.
Aufgrund der hohen Komplexität des Projektes ergeben sich weitere Herausforderungen sowohl in fachlicher, technischer als auch organisatorischer Hinsicht. Bei der BMW Group in München benötigte Systeme wie ALM Octane und Planview Hub müssen neu aufgesetzt und eingerichtet werden. Zudem werden mehrere Webservices für die Verwaltung, die Synchronisation und Übersetzung von Datenpaketen benötigt. Zahlreiche historisch gewachsene Bestandssysteme werden an die Plattform angeschlossen. Durch die Komplexität und unterschiedlichen Strukturen dieser Systeme sind hier sowohl Flexibilität als auch Einarbeitungsaufwand geboten.
In Shenyang startete das Projekt hingegen auf einem weißen Blatt Papier und es wurden die benötigten Äquivalent-Systeme für das Simulationsdatenmanagement und für den Anschluss an den Datentransfer komplett neu aufgebaut. Neben umfangreichen Prozessen und Workflows innerhalb der BMW Group und dem Projekt, sind auch diverse Firmenrichtlinien in Hinblick auf die Datenübertragung zwischen Deutschland und China sowie staatliche Vorgaben zu beachten. So kann beispielsweise kein freier Datenaustausch zwischen den Standorten betrieben werden, denn Datenpakete müssen geprüft und gegebenenfalls bereinigt oder angepasst werden, ehe sie die Grenze passieren dürfen. Die Kommunikation und Koordination mit diversen weiteren Dienstleistern aus Deutschland und China erweist sich unter anderem durch Unterschiede in Kultur und Zeitzone als aufwändig. Gelegentliche Verzögerungen und Missverständnisse waren - gerade zu Beginn der Zusammenarbeit - keine Seltenheit.
Um der Komplexität des Projekts zu begegnen, bei dem mehrere Projektteams auf deutscher und chinesischer Seite tätig sind, werden Tools wie JIRA und Confluence für Management und Dokumentation sowie Microsoft Teams als übergreifende Kommunikationsplattform genutzt.
Das Projekt startete Ende 2019. Nach nur fünf Monaten konnte den chinesischen Kollegen das erste große Release 1.0.0 bereitgestellt werden. Während jedes Sprints werden weitere Features und Funktionalitäten entwickelt, so dass ein Jahr später das nächste Release 2.0.0 ausgerollt wurde. Damit existierte ab diesem Zeitpunkt eine bidirektionale Synchronisation von Fahrzeugsimulationsdaten zwischen dem deutschen und chinesischen Standort.
Neue Funktionalitäten werden in Form einer serviceorientierten Architektur auf Basis von Node.js und als skalierbare OpenShift-Services implementiert. Damit ist die Plattform optimal auf wachsende Datenmengen, komplexere Anfragen und die Anbindung zusätzlicher Umsysteme vorbereitet. Eine frühzeitige und umfassende Qualitätssicherung stabilisiert und unterstützt die Entwicklung von Beginn an.
Bei funktionalen Tests auf Unit-, Integrations- und Systemebene wird auf eine Balance zwischen intelligentem, manuellem Testen während der Entwicklung und dem strategischen Aufbau der Testautomatisierung für flächendeckende, regressive Überprüfungen geachtet. Für das Testmanagement und die manuellen Tests kommen JIRA X-Ray (in Shenyang) und ALM Octane (in München) zum Einsatz.
Zur Testautomatisierung fiel die Wahl auf UFT Developer in Kombination mit REST-assured für sowohl GUI-, als auch API-Tests. Last- und Performancetests, umgesetzt mit LoadRunner VUGen und Performance Center, sowie Codeanalysen mit Fortify und weitere Sicherheitstests kommen ebenfalls stufenweise hinzu, um auch nicht-funktionale Anforderungen angemessen aufzufangen.
Für eine vereinfachte Ausführung der automatisierten funktionalen und nicht-funktionalen Tests setzt das Projekt von Anfang an auf Jenkins als CI-/CD-Server. Im weiteren Verlauf entwickelte sich der CI-/CD-Server zu einem zentralen Verwaltungspunkt für verschiedene Dienste, da dieser auch für die automatische und regelmäßige Ausführung von Webservices und der Datensynchronisation eingesetzt wird. Um die Kommunikation zwischen den verteilten Dienstleistern und innerhalbt der BMW Group Zuständigen positiv und effizient zu gestalten, werden wöchentlich offene Coffee Meetings auf freiwilliger Basis etabliert, die guten Anklang finden und verschiedenste Zuständigkeiten zusammenbringen. Die dadurch entstandene positive Atmosphäre erleichtert die Kontaktaufnahme und Zusammenarbeit im Allgemeinen. Auch zu den Daily Meetings werden zunehmend nach Bedarf verschiedene Ansprechpartner eingeladen, um den Fortschritt zu beobachten und gemäß ihren Zuständigkeiten zu unterstützen und abzustimmen.
Die komplexen Herausforderungen des Projektes werden durch starke Teamarbeit, strukturierte Organisation und nicht zuletzt mit kreativen Ideen angegangen und gemeistert. Der Einsatz agiler Projektmanagementmethoden fördert dies in hohem Maße – unter anderem dadurch, dass Kommunikation regelmäßig, direkt und konstruktiv gelebt sowie Probleme schnell identifiziert und adressiert werden. Die Komposition der Teammitglieder spielt ebenfalls eine große Rolle. Kompetenzen im Umgang mit den vielfältigen Systemen wie zum Beispiel Planview Hub, Openshift, JIRA, ALM Octane, Jenkins, UFT Developer, Node.js, Fortify, Performance Center und vielen weiteren, erlauben eine schnelle Einarbeitung in die Projektthematik und eine effiziente, nachhaltige Lösungsfindung.