„Cool, endlich wieder ein direktes Live-Event.“ Das war mein erster Gedanke, als ich vom Kongress „Digitaler Staat“ in Berlin erfahren habe. „Spannend, wie sich die Corona-Pandemie auf den Digital-Nomad Deutschland auswirkt“, war dann gleich mein zweiter Gedanke, der hinterherschoss. Nun, spannend war das gesamte Event definitiv. Themen wie „Cloud-Modelle und Open-Source“, „Ende-zu-Ende-Digitalisierung“ oder „Agiles Arbeiten“ klangen vielversprechend und decken sich stark mit unseren Functional Areas. Gespannt, wie der öffentliche Sektor auf diese Schwerpunkte blickt, ging es für Frank und mich (Codename: „Visitenkartenninja“) am 3. und 4. Mai nach Berlin in das Congress Center[in dem – kleine Sidenote – unser Vertriebsleiter Frank Krug seinerzeit seinen Abiball feiern durfte]. Der erste Eindruck war: „Wow, wann habe ich zuletzt so viele Menschen live in einem Gebäude gesehen?“
Neben Vertretern öffentlicher Institutionen und Behörden waren auch Hersteller großer Softwarelösungen (unter anderem unsere Partner Red Hat, HashiCorp, dynatrace) sowie größere Dienstleister auf dem Kongress mit einem Stand und/oder Vortrag anwesend. Neben Podiumsdiskussionen im Hauptsaal gab es viele Vorträge in den Fachforen, die verschiedene Themen in Bezug auf die Digitalisierung von Bund, Ländern und Kommunen diskutierten.
Aufbruchstimmung trotz bürokratischer Hürden
Auf der einen Seite sehr interessant, dass der Staat das Thema Agilität und Automatisierung aufgreift (nicht zuletzt angesichts des demografischen Wandels ein mehr als notwendiger Schritt). Andererseits konnte man jedoch erkennen, dass er sich hier erst am Anfang befindet. Aus Gesprächen mit anderen Kongressteilnehmern, die bereits häufiger am Digitalen Staat teilgenommen haben, erfuhren wir, dass dort oft „alter Wein in neuen Schläuchen“ serviert werde. Da verwundert es nicht, dass wir uns im Vergleich mit den 27 EU-Staaten in digitalen Kernfragen und Angeboten konstant im letzten Viertel wiederfinden. Dass die Mühlen unseres bürokratischen Staates langsam mahlen, ist hinlänglich bekannt und soll hier nicht näher diskutiert oder kritisiert werden. Kritik ernteten jedoch von nahezu allen Beteiligten die langwierigen Vergabeverfahren. So beinhalteten diese oft auch das unkalkulierbare Risiko, dass die beschaffende Stelle nach der Vertragslaufzeit, wenn sie die Lösung weiterbetreiben oder aktualisieren möchte, Gefahr läuft, diese auf Grund eines günstigeren Angebots komplett neu mit und bei einem anderen Dienstleister aufbauen zu müssen. Insbesondere bei Cloud-Lösungen, die bei Hyperscalern wie AWS, Microsoft Azure oder Google Cloud gehostet werden, wird dies deutlich.
Durchgängige Automatisierung ist gewünscht aber praktisch noch weit entfernt
Die mögliche Lösung eines Multicloud-Szenarios oder einer Bundescloud wurde immer wieder diskutiert, mündete aber oft in Grundsatzdiskussionen über Föderalismus, Datenschutz und einer Einer-für-Alle-Lösung (kurz: EfA), um Alleingänge von Ländern und Kommunen zu vermeiden. Gleichzeitig wurden in diversen Fachforen die umgesetzten Portale und Lösungen der Länder und Kommunen vorgestellt. Hier wurde deutlich, dass der Föderalismus einer Zentralisierung und Standardisierung von Angeboten und Prozessen oft noch im Weg steht. Der CIO der Bundesregierung sprach von einer „kommunalen Selbstzerstörung“, die droht, wenn wir jeder Kommune aufbürden, eigenständig Dienste im Zuge des Onlinezugangsgesetzes zu entwickeln und zu betreiben – parallel zur Bearbeitung ihres „Tagesgeschäfts“. Zum Glück konnte dieses Szenario vermieden werden, da die Länder hier die Initiative übernommen haben und in Kooperation mit der freien Wirtschaft Service Portale zur Verfügung stellen, an die sich die Kommunen mit ihren Diensten andocken können. Damit könnte immerhin die Frequenz der Behördengänge um die Antragsstellung reduziert werden.
Von einer Ende-zu-Ende-Automatisierung scheinen wir noch einige Schritte entfernt zu sein. Die Verschlankung und Standardisierung von Prozessen auf breiter Basis und im Folgeschritt die Automatisierung dieser, wurde auf dem Kongress leider nur in Ansätzen diskutiert. Aber schon das kann als gutes Zeichen gedeutet werden, dass wir in die richtige Richtung laufen. Insbesondere in den Fachforen, bei denen umgesetzte Lösungen präsentiert wurden, ist uns aufgefallen, dass vor allem die kleineren Ministerien bereits wertvolle Leuchtturmprojekte umgesetzt haben oder dabei sind, diese umzusetzen. So hat das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie als Pilotprojekt bereits einen digitalen Zwilling der Region Hamburg erstellt und plant die Umsetzung nun auch für das gesamte Bundesgebiet, um so die Städte- und Katastrophenplanung sowie weitere Kommunalämter und Ministerien in ihrer Arbeit zu unterstützen und auch das Projekt „Bundescloud“ nimmt weiter konkrete Formen an.
Immer wieder wurde auf dem Kongress mehr Mut zur Umsetzung von Digitalisierungsprojekten gefordert und an einigen Stellen hat sich dieser Mut bereits ausgezahlt. Wenn öffentliche Träger und Privatwirtschaft stärker miteinander kooperieren, dann können wir auch in Deutschland unsere öffentliche Verwaltung modernisieren und auf solide digitale Beine stellen. Wir als proficom GmbH sind bereit, mit anzupacken und bei den Digitalisierungsvorhaben zu unterstützen. Schon heute betreuen wir einige Projekte bei öffentlichen Auftraggebern und helfen dabei, Dienste zu zentralisieren und die darunterliegende Infrastruktur zu automatisieren.
Der „Digitale Staat“ war für uns ein spannender Exkurs, bei dem wir viele Eindrücke (und Visitenkarten) mitnehmen und interessante Menschen kennenlernen konnten. Wir werden das Geschehen sicher weiterverfolgen und das ein oder andere Projekt gemeinsam mit unseren Partnern umsetzen. Unser unternehmerischer Fokus bleibt jedoch nach wie vor auf Projekte in der Privatwirtschaft gerichtet.
In diesem Zusammenhang geht es für uns diese Woche wieder nach Berlin, diesmal zum Partner-Tag unseres Partners HashiCorp und zum AWS Summit.